Tempel von Apollon und Athene.
Das antike Side
Walter Kuhl
Tempel von Apollon und Athene.
Tempel von Apollon und Athene.
Das Theater von Side.
Das Theater von Side.
Friese in Trümmern.
Friese in Trümmern.
In den Arkaden des Theaters.
In den Arkaden des Theaters.
Eine Ruine in den Dünen.
Ruine in den Dünen.

Das antike Side

Rundgang, Teil 2

Side in Pamphylien war in der Antike eine zeitweise reiche, lebendige und pulsierende Stadt. Die wieder ausgegrabenen Ruinen vermitteln ansatzweise den Glanz der Vergangenheit. Die hiermit einhergehenden Ausbeutungs­strukturen, die Armut und das damit verbundene Elend müssen wir uns hinzudenken. – Die Aufnahmen entstanden im September 2006.

Der erste Teil des Rundgangs begann am wasserspendenden Nymphaeum. Danach wurde die Stadt­befestigung abgegangen.

Auf der Säulenstraße zum Theater

Im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung begann eine zweite Blütezeit für die sidetische Elite. Sie partizipierte am steigenden Wohlstand der Region und trug ihren neu erworbenen Reichtum allenthalben zur Schau. Daß dieser Reichtum auf den Knochen und Muskeln des größten Teils der Bevölkerung entstanden war, sollen wir großzügig übersehen.

Der archäologische Befund zeigt, daß Side an mehreren Stellen vollkommen umgekrempelt wurde. Die Säulenstraße, die vom Stadttor zur Agora, also dem zentralen Platz für Handel und politische Ränke, führte, diente jedoch nicht allein repräsentativen Zwecken. Seitlich der Straße gab es Läden und Verkaufsstände, das Leben pulsierte. Die Elite der Stadt ließ sich ansprechende Stadthäuser bauen. In den Seitengassen war das Leben dann vielleicht nicht mehr ganz so beschaulich. Die Lebens­verhältnisse und Arbeits­bedingungen der breiten Masse der Bevölkerung müssen wohl auch in einer reichen Stadt wie Side eher ärmlich ausgesehen haben. Gewerkschaften, die für halbwegs erträgliche Verhältnisse hätten sorgen und die Arbeitenden hätten organisieren können, gab es noch nicht.

Wir müssen daher bei allen archäologischen Befunden immer berücksichtigen, daß uns hier eher der Reichtum einer Elite entgegen­schaut als das richtige Leben der Mehrzahl der Menschen. Die heutige Zurschau­stellung dieses Reichtums erfüllt durchaus auch eine ideologische Funktion. Ausgeblendet wird die Kehrseite der Medaille. Die blühende Antike konnte für viele Menschen die Hölle bedeuten, auch wenn dieser Begriff sich erst noch im Verlauf der Christianisierung des Mittelmeer­raums etablieren mußte.

Säulen an der Straße.

Bild 31: Mit dem Stadttor im Rücken machen wir uns auf den Weg zur Agora oder zum Theater. Die heutige Asphaltpiste folgt der antiken Straße. An der Westseite finden wir Überreste der einst üppig aufgestellten Kolonnaden­säulen.

Säulen an der Straße.

Bild 32: Dieselben Säulen; rechts davon Läden oder Werkstätten, vielleicht auch der Eingang in einzelne Stadthäuser.

Fußbodenmosaik.

Bild 33: Die dort befindlichen Fußboden­mosaiken sind mit einfachen Ornamenten durchsetzt.

Fußbodenmosaik.

Bild 34: Sie sind der Witterung, den Staub­ablagerungen und den menschlichen Tritten schutzlos ausgeliefert.

Läden.

Bild 35: Auf der gegenüber liegenden Straßenseite fehlen die Säulen vor den Läden. Das Mäuerchen neben dem Asphalt ist eine moderne Abgrenzung.

Läden an der Westseite.

Bild 36: Vor diesen Läden an der Westseite der Straße sind die Säulen nur noch angedeutet.

Kanalisation.

Bild 37: Eine Abwasser­kanalisation scheint es auch gegeben zu haben. War dies schon in griechisch-hellenistischer Zeit der Fall oder erst später, als die Römer kamen?

Fenster an der Ostseite.

Bild 38: Die Läden an der Ostseite verfügten wohl auch über Seitenfenster oder Durchreichen.

Seitengasse.

Bild 39: Eine Seitengasse, die zum späteren Bischofspalast führt. Die Steigung verrät, daß die damaligen Stadtplaner das unebene Gelände beibehalten haben.

Kapitell.

Bild 40: Ein Kapitell …

Straßenansicht.

Bild 41: … und einige Säulen. An anderen Plätzen wurden ganze Säulenreihen zusammengelegt.

Die Stadthäuser an der Agora

Dort, wo die Säulenstraße in die Agora einmündet, befanden sich die Stadthäuser der begüteteren Sideter. Die ärmeren Bevölkerungs­gruppen dürften wohl eher in einfachen Behausungen außerhalb der Stadtmauern gelebt haben. Diese Wohngebiete sind schwerer zu finden. Es ist nicht nur der Sand, der die Spurensuche erschwert. Holz vergeht eher als Stein, und so haben wir Teil am Reichtum, aber nicht an der Armut der antiken Welt.

Haus an Haus.

Bild 42: In der Nähe der Agora finden wir links der Straße ein Gewirr an Gassen und Häusern.

Haus an Haus.

Bild 43: Derselbe Siedlungskomplex aus anderer Perspektive.

Innenhof eines Hauses.

Bild 44: Das scheint der Innenhof eines solchen Hauses zu sein.

Fußbodenmosaik.

Bild 45: Auch hier sind die Fußböden mit Mosaiken verziert.

Blick auf eine Häusergruppe.

Bild 46: Wir kehren auf die Straße zurück und nähern uns den Thermen und der Agora.

Säulensammlung.

Bild 47: Sammelstelle für zerborstene und wohl zusammen­gehörende Säulen. Frei zugänglich; doch wer klaut schon derart schweres Gestein?

Die Agora

Die Agorá (die Betonung dieses Wortes liegt auf der Endsilbe) war in griechischen oder hellenistisch beeinflußten Städten ein zentraler Umschlagplatz für Waren, Meinungen und politische Entscheidungen. Die Agora von Side war hierbei sicherlich keine Ausnahme. Jedoch dürfen wir uns diesen Markt der Möglich­keiten nicht als eine mehr oder weniger unsortierte Ansammlung von Marktständen vorstellen, wie wir sie auch heute noch als Wochenmarkt in deutschen Kleinstädten und manchmal auch in Großstädten vorfinden. Schon in der Antike herrschte hier eine vorgegebene Ordnung, weshalb die Agora von Side auch von einer Säulenhalle umgeben war.

Im Nordwesten und Nordosten dieser Säulenhalle, also in dem Bereich, der heute an das Museum von Side grenzt bzw. an die Wohnhäuser der soeben besichtigten Säulenstraße, befanden sich Läden. Im Südwesten grenzte die Agora an das Bühnengebäude des Theaters, hieran lehnten sich überwölbte Räume an. An der Südostseite der Säulenhalle wurden keine Läden gefunden. In der Westecke befand sich die öffentliche Latrine mit einer Sitz­gelegenheit für 24 Personen. Zwischen der Säulenstraße an der nord­westlichen Seite und der Agora war eine Vorhalle errichtet, die einen mit Ehrenstatuten ausgeschmückten Saal umschloß. Von der südwestlichen Seite gelangte man und frau über einen Ausgang zu der Straße, die zur römischen Staatsagora führte.

Maße und Form der exakt einhundert Säulen stimmen mit denen der hier vorbeiführenden Säulenstraße überein, weshalb davon ausgegangen werden kann, daß beide Bauten gleichzeitig errichtet wurden. Diesen Schluß des Ausgräbers Arif Müfid Mansel finde ich jedoch nur begrenzt einsichtig; es könnte ja auch sein, daß einer der beiden Bauten sich an ein schon bestehendes Konzept angeschlossen hat und demnach zeitlich später anzusetzen ist. Fragt sich nur, welcher Bau dem anderen voranging. Die Säulenhallen waren etwa 6,60 Meter hoch, das Dach bestand aus Holz.

Auf dem Platz der Agora stand seitlich ein Rundbau, wahrscheinlich ein Tempel der Tyche.

Die Agora aus dem Theater gesehen.

Bild 48: Aus dem Theaterrund eröffnet sich dieser Blick auf die Agora. Auf der linken Seite zieht sich die Säulenstraße, auf der wir hergekommen waren. Den gewiß imposanten Säulenumgang der Agora können wir uns anhand der wenigen stehen gebliebenen oder wieder aufgerichteten Säulen nur in unserem geistigen Auge vorstellen.

Die Agora.

Bild 49: Die entgegengesetzte Sicht auf das abgesperrte und daher nicht zugängliche Gelände der Agora. Rechts oben in den Rängen des Theaters entstand die vorhergehende Aufnahme. Wir sehen, wenn frau oder man so will, ein einziges, wenn auch halbwegs geordnetes, Trümmerfeld.

Säulengang.

Bild 50: Der nördliche Säulenumgang; oder das, was davon übrig geblieben ist. Rechts die Läden.

Säulengang.

Bild 51: Der östliche Säulenumgang.

Tempel der Tyche.

Bild 52: Hier in der Bildmitte, aber ansonsten dezentral auf dem Platz, stand der Tempel der Tyche. Die launische hellenistische Gottheit war das Gegenstück zur römischen Fortuna.

Ladenruine.

Bild 53: Hier stand einmal ein Laden. Dessen Besitzer suchte gewiß die Launen der glücklichen Fügung zu seiner Gunsten zu beeinflussen.

Ladenruine.

Bild 54: Weitere Läden an der Nordostecke der Agora.

Das Vespasian-Monument und das Bogentor

Das am Theater gelegene Bogentor war ursprünglich kein Teil einer Wehranlage der Stadt, sondern es diente rein repräsentativen Zwecken. Es grenzte die Säulenstraße, die vom Stadttor herkam, ab von einer weiteren Säulenstraße, die zum Hafen führte. Mit dem hierdurch absichtlich erzwungenen Straßenknick demonstrierte man die Pracht und Herrlichkeit der früh­kaiserzeitlichen Stadt.

Als im 4. Jahrhundert die ins Stadtgebiet zurückgesetzte innere Stadtmauer erbaut wurde, gelangte das dem Kaiser Vespasian geweihte Monument direkt neben das Bogentor. Ursprünglich muß es an einem anderen Ort gestanden haben. Es wurde, so lassen sich die Inschriften deuten, im Jahr 71 unserer Zeitrechnung errichtet. 1959 wurde es unter vom Theater herunter­gefallenen Steinquadern wiederentdeckt.

Direkt gegenüber dem Vorbau zur stehen zwischen dem Bogentor und dem Museum zwei Brunnenhäuser. Sie verweisen darauf, daß Side durch den Bau des Aquädukts im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung reichlich mit Wasser gesegnet war, das nun verschwenderisch verwendet werden konnte.

Bogentor mit Vespasian-Monument.

Bild 55: Das Bogentor und links daneben das Vespasian-Monument. Die Sperrgitter ermöglichen einen Blick auf die Agora, aber nicht mehr.

Vespasian-Monument.

Bild 56: Das Vespasian-Monument ohne den Kaiser.

Das Bogentor.

Bild 57: Das Bogentor von der Norseite aus betrachtet.

Linkes Brunnehaus.

Bild 58: Direkt rechts neben dem Bogentor stand das erste Brunnehaus.

An den Brunnehäusern.

Bild 59: Vor den beiden Brunnenhäusern.

Rechtes Brunnenhaus.

Bild 60: Das rechte Brunnenhaus. Es ist gewiß kein Zufall, daß neben den Brunnenhäusern die öffentliche Badeanstalt, die Thermen, erbaut wurde. Die Thermen, oder besser: deren restaurierte und erweiterte Überreste, beherbergen heute das Museum von Side.

Bevor wir das Bogentor durchschreiten und das Theater aufsuchen, begeben wir uns im dritten Teil des Rundgangs in das Museum.

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