Das antike Side
Rundgang, Teil 1
Side in Pamphylien war in der Antike eine zeitweise reiche, lebendige und pulsierende Stadt. Die wieder ausgegrabenen Ruinen vermitteln ansatzweise den Glanz der Vergangenheit. Die hiermit einhergehenden Ausbeutungsstrukturen, die Armut und das damit verbundene Elend müssen wir uns hinzudenken. – Die Aufnahmen entstanden im September 2006.
Vor dem Rundgang gibt es eine Einleitung über das antike Side.
Das Nymphaeum
Reisende, Wanderer, Kaufleute und Bäuerinnen, die damals von Norden her die Stadt durch das große Tor betreten wollten, erblickten zunächst das Namphaeum. Eine Inschrift bezeichnet das Gebäude als einen „Tempel der Nymphen“; und es wurde wohl in der Mitte des 2. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung errichtet. Wieviel Sklavenarbeit in dem prachtvollen Bau gesteckt haben mag, verrät uns keine antike Quelle. Diese riesige dreigeschossige Brunnenanlage bestand aus einer 52 Meter langen und etwas mehr als 4 Meter dicken Schmuckwand. Davor befand sich ein Bassin, das rund 500 Kubikmeter (also 500.000 Liter) Wasser fassen konnte. Das Ganze war natürlich mit Marmor verkleidet und reich geschmückt. Wer nach Side gelangte, sollte gleich sehen, wie reich die Stadt war – und sich vielleicht erst einmal frisch machen, bevor er oder sie die Stadt betrat. Die Wasserversorgung dieses Nymphaeums erfolgte mittels eines kleinen Abzweigs vom wahrscheinlich ebenfalls Mitte des 2. Jahrhunderts erbauten Aquädukt. Dieses speiste sich direkt aus dem rund 30 Kilometer entfernten Quellwasser des im Taurusgebirge entsprungenen Melas, heute Manavgat, und versorgte Side auch im Sommer mit ausreichendem Naß.

Bild 1: Ausschnitt des damals in der Restaurierung befindlichen Nymphaeum-Komplexes.

Bild 2: Ein weiterer Ausschnitt.

Bild 3: Viele der zum Nymphaeum gehörenden Steine und Quader liegen einfach im Gelände herum. Sie sind ordentlich mit einer Nummer markiert (hier: 3081) und können dadurch für das Gesamtpuzzle zusammengefügt werden.

Bild 4: Die Ornamente von Nummer 3147 gehören vermutlich auch dazu.

Bild 5: Seitenansicht auf die Fassade des Nymphaeums.
Das Stadttor und die Stadtmauern
Side lag an exponierter Stelle auf einer Halbinsel. Um sich gegen Angriffe vom Landesinnern wie vom Mittelmeer her zu schützen, wurde eine massive Stadtmauer von rund sechs Kilometern Länge errichtet, die heute noch in Teilen zu besichtigen ist. Vermutlich im 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wurde das Stadtareal verkleinert und zur besseren Verteidigung aus alten Mauersteinen und anderem vorgefundenen Baumaterial innerhalb des alten Stadtgebiets eine zweite Stadtmauer gebaut.
Der in einer Inschrift auch Großes Tor genannte Hauptzugang war ursprünglich raffiniert konstruiert, um möglichen Feinden die Erstürmung der Stadt über diese Schwachstelle jeder Befestigung so schwer wie möglich zu machen. Eine Eroberung der Stadt auf militärischem Weg ist nicht überliefert; meist ergaben sich die Städte, wenn sie eine Eroberung befürchten mußten. Andernfalls wären alle Männer getötet und die Frauen und Kinder (vergewaltigt und) versklavt worden.
In den Friedenszeiten des Römischen Imperiums im 1. und 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung verlor diese Stadtmauer an Bedeutung und das Große Stadttor wurde repräsentativ umgebaut. Nachdem man oder frau durch dieses Tor hindurchgeschritten war, gelangten sie auf einen kleinen Platz, von dem aus zwei Säulenstraßen nach Südwesten und Süden abzweigten.

Bild 6: Wo die Stadtmauer an das Haupttor stößt. Die Tafel erklärt, wie das Tor zu passieren war. Zunächst ging es durch zwei mächtige Bastionen in einen zweigeschossigen Innenhof. Wer heraus wollte, mußte sich durch einen schmalen Ausgang zwängen.

Bild 7: Dieselbe Stelle, nur vom Stadtinnern aus betrachtet.

Bild 8: Ein Teil der östlichen Stadtmauer von außen betrachtet.

Bild 9: Auch die Stadtmauer verfügte über Dekor.

Bild 10: Ein zum Stadttor gehöriger Säulenschaft.

Bild 11: Während die Säulenstraße zum Theater heute von einer asphaltierten Piste weggedrängt wird, …

Bild 12: … ist es sogar heute noch möglich, zur Staatsagora ohne miefende Wichtigtuer zu gelangen.
Eine Mauer unter Sand
Der Mauerzug zur Landseite hin besaß insgesamt dreizehn Türme und zwei Stadttore. Dieser nordöstliche Teil der Stadtmauer zwischen dem Großen Stadttor im Norden und dem östlichen Meeresufer ist auch heute noch weitgehend und in halbwegs gutem Zustand erhalten. Vor den Ausgrabungen der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts lagen Teile der Stadtmauer wie auch Teile des alten Stadtgebiets unter einer großen Düne verborgen. Diese Düne hat letztlich ihren Ursprung in den Schwemmablagerungen des Manavgat, die von der Strömung hier an Land gespült werden und anschließend nach ihrer Trocknung von den vorherrschenden Winden langsam im Verlauf von Jahrhunderten aufgehäuft worden sind.

Bild 13: Nur zu erahnen ist hier, daß sich die Stadtmauer von hier aus bis zu den Dünen erstreckt.

Bild 14: Hier wird es deutlicher sichtbar.

Bild 15: Und überall liegen Steinblöcke aus verschiedener Nutzung sinnlos herum. Ein Ruinenfeld.

Bild 16: Es folgen einige Detailansichten.

Bild 17: Bewuchert.

Bild 18: Und mit Bögen.

Bild 19: Im weiteren Verlauf ist die Mauer ist nicht ganz so gut erhalten. Sie endet am östlichen Stadttor.
Am östlichen Stadttor und in den Dünen
In der Nähe des Meeresufers befand sich ein zweites dem Land zugewandtes Stadttor. Ob dies der ursprünglichen Stadtplanung entstammt oder erst in sogenannten Friedenszeiten eingebaut wurde, vermag ich nicht zu sagen. Wenn jedoch das Haupttor derart gesichert war, wie es seine raffinierte Konstruktion vermuten läßt, dann ist es wenig wahrscheinlich, den potentiellen Angreifern eine leichtere Möglichkeit anzubieten, sich Zugang zur Stadt zu verschaffen. Neuere Untersuchungen von 2018 haben ergeben, daß das Tor wohl erst im späten 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung oder im Jahrhundert darauf erbaut wurde. Auch wenn daraus kein genaues Baujahr folgt, so wird dieses Tor wohl erst nach den Unruhen entstanden sein, die mit Mithridates von Pontos, den Seeräubern und dem römischen Bürgerkriegen von Sulla bis Augustus verbunden sind.
Auf den folgenden Bildern sind zudem die im Verlauf der Jahrhunderte aufgewehten Dünen gut zu erkennen.
Bevor Side im 20. Jahrhundert wieder ausgegraben wurde, war ein Teil der antiken Stadt unter Dünen begraben. Der Sand, der vom Meer an Land gespült wurde, wurde vom Wind im Laufe der Jahrhunderte zu einer Dünenlandschaft aufgeschüttet. Heute steht zum Beispiel der moderne Busbahnhof im Nordosten der antiken Stadt auf diesen Dünen. Wenn wir die Stadt durch das Osttor verlassen, finden wir uns sofort im Sand wieder. Um dieses Tor wieder ans Licht der Welt zu bringen, mußten etwa 10.000 Kubikmeter Sand bewegt werden. Etwas außerhalb des Osttores sind noch vereinzelt Spuren der früheren Stadt zu finden. Manches spricht dafür, daß sich unterhalb des Sandes noch die eine oder andere Ruine befindet. Die sichtbaren Reste stammen wahrscheinlich von der zwischen Osttor und Meer etwas vorgeschobenen Stadtbefestigung.

Bild 20: Vom östlichen Stadttor ist nicht mehr viel erhalten. Dahinter erstrecken sich die ausgedehnten Dünen.

Bild 21: Die Dünen am östlichen Stadttor. Unter dem Sand der Jahrhunderte schlummern weitere Steine.

Bild 22: Blick von den Dünen zum Osttor und in die dahinter befindliche antike Stadt.

Bild 23: Diese aus dem Sand herausragende Ruine wird wohl ein Teil der ehemaligen Stadtbefestigung gewesen sein.

Bild 24: Diese hier, etwas näher am Meer gelegen, wohl auch.

Bild 25: Das Alter dieser Sandbewohnerin läßt sich nicht bestimmen. Ganz so alt wie Side ist sie allerdings nicht.

Bild 26: Wir kehren nunmehr zum Ausgangspunkt am Haupttor zurück, um uns anschließend nach Westen zu orientieren.
Die westliche Stadtmauer ist nicht so leicht zugänglich
Im Westen des Großen Tores ist die Stadtmauer nur in Teilen erhalten und aus topografischen Gründen nicht ganz so einfach zu begehen. Sie endet an dem Mauerstück, das Side an seiner westlichen Meerseite beschützt hat. In dieser westlich vom Großen Tor erbauten Mauer wurde auch der Aquädukt, der von der Quelle des Melas (heute Manavgat) aus nach Side im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung errichtet wurde, durch eine kunstvolle Konstruktion eingeleitet. Diese Einführung kann man und frau sehen, wenn sie den richtigen Ort aufsuchen; dies ist mir nicht gelungen. Eine entsprechendes Aufnahme habe ich im Artikel von Klaus Grewe über „Die römische Wasserleitung nach Side“ in der Zeitschrift Antike Welt, Jahrgang 25 (1994), Seite 201, gefunden.

Bild 27: Blick auf den westlichen Teil der Stadtmauer.

Bild 28: Blick auf den westlichen Teil der Stadtmauer.

Bild 29: Findlinge zwischendrin.

Bild 30: Die Mauer endet an der Strandpromenade und wird mit Stacheldraht verstärkt.
Im zweiten Teil des Rundgangs begehen wir die Säulenstraße vom Haupttor zum Theater.
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